Sie sind schon mitten unter uns. Meist noch unbemerkt von der Öffentlichkeit, rollen bereits die ersten führerlosen Fahrzeuge über Deutschlands Straßen und durch die Innenstädte. Was man bislang nur in Science Fiction Blockbustern wie „Minority Report“ und „iRobot“ bestaunt hat, nimmt langsam aber sicher Formen an. Die Frage ist längst nicht mehr OB, sondern WANN autonomes Fahren kommt. Was aber steckt hinter der aufregenden Vision? Und vor allem: welche Bedeutung hat dies letztendlich für die Werbeindustrie? Excite Werbeagentur Frankfurt hat die Anschnallgurte angelegt und das spannende Thema etwas näher betrachtet.
Momentan befindet sich das autonome Fahren noch in der Testphase. Meist wird auf verkehrsberuhigten Straßen oder noch nicht freigegebenen Autobahnabschnitten geprobt. Eine der aktuellen Teststrecken befindet sich in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz. Hier transportiert ein selbstfahrender Elektrobus über einen Zeitraum von vier Wochen im August Passagiere entlang des Rheinufers. Dabei werden nicht nur die technischen Faktoren untersucht, sondern auch wie und ob Fahrgäste das autonome Fahrzeug annehmen, denn noch ist die Skepsis groß.
Teilautonome Fahrzeuge sind mittlerweile keine Seltenheit mehr. Assistenzsysteme wie Einparkhilfe, Spurhalten und Stauassistent sind bei neuen Modellen fast schon Standard. Hier befinden wir uns aber lediglich in Stufe 2 auf dem Weg zum autonomen Fahren. Noch hat der Mensch die Kontrolle über Umgebung und Fahrzeug. In Stufe 3 bis 5, definiert vom SAE International (Society of Automotive Engineers), übernimmt dies mehr und mehrdas Bordsystem. Stufe 5 beschreibt demnach die volle Automation des Fahrzeugs, die Maschine übernimmt die Rolle und Aufgaben des Menschen.
Ob hier noch Freude beim Fahren aufkommt ist fraglich, aber vielleicht auch etwas zu einseitig betrachtet. Denn wenn der Fahrer sich nicht mehr auf den Verkehr und die Abläufe konzentrieren muss, hat er Zeit für andere Dinge. Mehr noch. Zukunftsforscher Sven-Gabor Jánszky prognostiziert sogar, dass autonomes Fahren dem Menschen eine deutlich größere Freiheit bringt. Als Beispiel nennt er Personengruppen, denen das Fahren bisher verwehrt blieb, etwa junge Leute ohne Führerschein oder ältere Personen, die besser nicht mehr fahren sollten. Und besonders der Werbeindustrie stellt Jánszky rosige Zeiten in Aussicht, da er das Auto als perfekten neuen Abspielkanal für Werbebotschaften sieht.
Die Werbebranche wird umdenken müssen. Selbstfahrende Autos sind der Anfang vom Ende klassischer Außenwerbung und Radio, sagt Adam Foroughi, CEO der Marketingplattform Applovin. Dadurch, dass der Insasse nicht mehr die Hände am Steuer haben muss, ist er umso empfänglicher für alle Arten von Medienkonsum, und damit auch Werbung. Musikstreaming-Dienste wie Spotify findet man schon heute als Bestandteil des Komfortpakets. Der Schritt zum Bordkino liegt da nahe. Binge-Watching auf der Autobahn. Den mobilen Apps sagt Adam Foroughi ein goldenes Zeitalter voraus. E-Mails checken, mobiles Büro, Candy-Crush-Saga, virtuelle Autorennen mit den Insassen des Fahrzeugs nebenan, alles scheint möglich.
„Value of Time“ heißt eine aktuelle Studie des Fraunhofer Institutes. Demnach sind 75 Prozent der Nutzer bereit, für Mehrwertdienst im hoch- bzw. vollautomatisierten Fahrzeugen zu zahlen – insbesondere in den Bereichen Kommunikation, Produktivität und Grundbedürfnisse. Vom „Auto als Kommunikationsplattform mit dem Potenzial für neue Werbeumfelder“ spricht auch Manfred Klaus von der Digitalagentur Plan.Net. Shops, die auf dem Weg liegen, könnten beispielsweise Gutscheine anbieten, smarte Reklametafeln sammeln Daten und können gezielt Nachrichten an die einzelnen Fahrzeuge senden.
Bis dahin ist es allerdings noch ein (möglicherweise) weiter Weg. Frühestens Mitte des nächsten Jahrzehnts soll die letzte Stufe des autonomen Fahrens erreicht werden, und wir werden live dabei sein.